vom Privileg zur Norm

von | 15. Mrz 2023 | Talent Management

Jetzt mache ich nur noch, was mir Spaß macht!

 

… dieser Satz fiel nicht in einem Bewerbungsgespräch, sondern war die Antwort eines erfahrenen Kollegen auf meine Frage nach seinen beruflichen Plänen. Meine Bemerkung „wie die Generation Z also“, wischte er unwirsch vom Tisch: das sei doch etwas ganz anders, die arbeiteten doch nicht mit demselben Anspruch!

Das ist möglicherweise richtig, aber der moralische Zeigefinger steht für Entrüstung und ein gekränktes Arbeitsethos. Die Adressaten überzeugt er damit nicht, gut ausgebildet verhandeln sie auf einem Bewerbermarkt ziemlich erfolgreich.
Es ist also klug nachzufragen, um welche Ansprüche es geht – nicht erst im Vorstellungsgespräch. Zu hören sind dann Forderungen nach sinnvoller Arbeit, Freiräume zur persönlichen Entwicklung, flexiblen und kürzeren Arbeitszeiten ohne Überstunden aber Zeit fürs Privatleben, Homeoffice, ein gutes Arbeitsklima, vom ersten Tag an selbst entscheiden und etwas bewirken zu können. Mit der Digitalisierung aufgewachsen, nutzen sie selbstverständlich digitale Medien und erwarten das auch an ihrem Arbeitsplatz.
Klingt … eigentlich vernünftig und nach dem, was in Stellenausschreibungen gern versprochen wird.

Was sollten Unternehmen also tun?

Proaktives Recruiting, ein schlanker und bewerberzentrierter Einstellungsprozess ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nach einer Schnupperrunde mit zukünftigen Kollegen und wenn Aufgaben, Arbeitszeit und Ausstattung des Arbeitsplatzes verhandelt sind, wissen sie, welche Erwartungen an sie gestellt werden, umso besser.

Die Neuen werden motiviert und selbstbewusst starten. Und sie werden Anweisungen und Abläufe hinterfragen – auch ohne viel Erfahrung, aber eben auch ohne Scheuklappen. „Das ist so geregelt, weil…“ ist eine bessere Antwort als „das hat sich bewährt“. Eine auf den ersten Blick abwegige Idee hat vielleicht doch Potential? Als Auftrag formuliert „wie könnte es besser gehen“ fördern Arbeitgeber jedenfalls ein besseres Verständnis des Geschäftsmodells, interner Prozesse und Strukturen. Und bestenfalls gelingt es, gmeinsam mit den Kollegen Aufwände zu reduzieren, Probleme zu lösen, Prozesse zu optimieren und sogar zu digitalisieren.

Führung und Förderung

Auf Augenhöhe ohne Leistungsdruck geführt zu werden und sich persönlich entwickeln zu können, so lassen sich die Erwartungen auf den Punkt bringen. Führungskräfte, die Mitarbeiter einbinden, Entscheidungen erklären und auf individuelle Bedürfnisse eingehen, werden dafür akzeptiert. Mit überschaubaren und herausfordernden Aufgaben, die am Rand der eigenen Komfortzone fordern aber nicht überfordern, lassen sich neue Erfahrungen sammeln. Führungskräfte sollten dies durch regelmäßiges Feedback zu Ergebnissen und persönlicher Entwicklung begleiten. Talente können in Projekten oder als Experte schrittweise mehr Verantwortung übernehmen. Individuelle Qualifizierungsangebote unterstützen den eigenen Weg und dabei, eine passende Fach- oder auch Führungsrolle zu finden. Immer mit der Option, Aufgaben und Arbeitszeit anzupassen oder auch den Arbeitgeber zu wechseln, wenn sich die Lebenspläne ändern. Aus Sicht des Unternehmens könnte man das eine temporäre Mitarbeiterbindung nennen – mit der Chance auf ein Wiedersehen.

Wie es gelingt

Die vielleicht größere Herausforderung ist, eine produktive Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Werten und Erwartungen zu organisieren. Der Tugend Pflichtbewusstsein wird in Diskussionen schnell Egoismus und Verantwortungslosigkeit gegenübergestellt. Ehrlicher wäre, der Pflicht eine gesunde Selbstfürsorge zur Seite zu stellen und Selbstbewusstsein in Verantwortung zu nehmen.
Letztlich geht es darum, individuelle Bedürfnisse anzuerkennen und unterschiedliche Ansprüche zu akzeptieren – aber auch Gemeinsamkeiten zu finden, Konflikte früh zu erkennen, anzugehen und Kompromisse einzugehen.
Wo es gelingt, werden bessere Arbeitsbedingungen für alle geschaffen.

 

Foto Kippbildfraujungalt

Dr. Christine Gindert

„Mich fasziniert die Eigenart der Menschen und Organisationen.“

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